weitere Erfahrungsberichte für Spanien
Land:
Spanien
Universität:
Universidad de Cantabria, Santander
Semester und Studiengang:
5. Semester Bachelor Angewandte Volkswirtschaftslehre
Aufenthalt:
wintersemester 2016
Über die Universität:
Santander - Licht und Schatten. Vorab: Ich kann einen Besuch der UNICAN in Santander empfehlen, wenn auch nicht uneingeschränkt, es gibt doch einiges zu beachten.
Ich habe dort von Mitte August 2016 bis Anfang Februar 2017 studiert. Santander, im Norden von Spanien, in Kantabrien gelegen, ist relativ kompakt, aber dafür umso buckeliger (Fahrrad nicht empfehlenswert). Jedoch ist die Region ein wahrer Traum. Nicht umsonst gehört die Bucht von Santander zu den schönsten auf der ganzen Welt. Berge und Meer so Nahe zusammen, in dieser Komposition, werdet ihr selten sehen. Alleine deswegen schon empfehlenswert.
Die UNICAN liegt innerhalb der Stadt, daher gut erreichbar, aber die Distanzen in Santander sind nicht zu unterschätzen. Die Uni ist ganz nett. Die Qualität der Lehre ist mit Sicherheit auf hohem Niveau. Aber eins ist auf jeden Fall Pflicht: Das Spanisch-Niveau muss sehr gut sein; ich empfehle B2. B1 (ich hatte freiwillig Kurse belegt) hat bei mir nicht ausgereicht. Englische Kurse wurden im Wintersemester auch nur sporadisch angeboten, v.a. im Bereich VWL. Ansonsten, auch im Alltag, ohne Spanisch läuft nichts: Sei es weil Englisch nicht gesprochen wird oder nicht gesprochen werden will. Weitere Auffälligkeiten: Etwas betagter Baustil. Vorlesungssäle sind eher Klassenräume und grundsätzlich ist das spanische Hochschulsystem sehr schulisch: Anwesenheitspflicht, Hausaufgaben, Gruppenarbeiten, wöchentliches Aufsatzschreiben (fließt in die Endnote ein) ist obligatorisch. Transparenz der Notenbildung ist schwierig. Selten Laptops/Handys gesehen. Toilettengang während der Lehrveranstaltung wird nicht gerne gesehen. Autoritäre Professoren, die durchaus auch mal die Tür hinter sich zuschließen, wenn sie reinkommen. Dann kommt man nicht mehr rein ;) Das Studium ist sehr arbeitsintensiv. Ihr werdet eine Menge zu tun haben. Ich möchte betonen, dass die Uni nicht schlecht ist, nur doch deutlich anders als in Deutschland - wer sich drauf einlassen kann.
Betreuung vor Ort:
Die Orientierungstage waren ganz nett, wir wurden mit einem Bus rumgefahren und durften die "Highlights" ansehen. Viel wichtiger, darum empfehlenswert, ihr kommt mit den anderen Erasmus-Studierenden in Kontakt. Allgemein ist die Erasmus-Erfahrung in Santander sehr gut. Es gibt viele Studierende aus aller Welt, und auch Möglichkeiten zum Feiern sind genügend da, wenn sie mir auch nicht zugesagt haben, Grund: Dort wird sehr spät ausgegangen, erwartet niemand vor 3 Uhr nachts in einer Disco. Kontakt mit spanischen Studierenden reduziert sich idR auf die Zeit der Lehrveranstaltungen, es wird nur oberflächliches Interesse gezeigt. Professoren sind freundlich, aber uninteressiert. Beispiel: Ich war in einer Sprechstunde und hatte ein Frage, dabei habe ich betont, dass er doch bitte etwas langsamer und deutlicher sprechen soll (er wollte keine Englisch sprechen), hatte ihn nicht interessiert. Das ist häufiger vorgekommen. Problematisch, besonders im Alltag, könnte die Kultur werden. Sie ist sehr interessant und vielfältig, aber, mediterran typisch, etwas "gemütlicher". Die Siesta-Zeiten sind pro Geschäft durchaus variabel, und der Autofahrer hat immer Recht. Auch der Vermieter hat immer Recht. Das bringt mich auch schon zur Zimmervermittlung Emancipia: anfangs guter Service mit Abholung, schöne Wohnung in guter Lage, Preis ok. Aber solltet ihr Probleme haben, wird es schwierig. Ich hatte viele. Elektrizität, Fenster, Kühlschrank, Bett, Schimmel. Leider. Jedesmal hieß es, dass zeitnah was getan wird. Manchmal dauerte es zwei Wochen oder gar zwei Monate - und ab November wird es ohne richtige Heizung recht kalt. Auch hier, nicht falsch verstehen. Es lässt sich durchaus gut leben und studieren, aber ihr solltet eine gute Wohnung haben und sehr gut Spanisch sprechen. Dann braucht ihr noch gute Nerven, wenn's mal wieder länger dauert und einen gewissen Sinn für Humor, wenn etwas eher schlecht als recht durchgeführt wird. All das vorausgesetzt, kann es eine schöne Erfahrung werden.
Tipps:
Allgemein zur UNICAN: Die günstigere Wahl des Semesters ist mit Sicherheit das Sommersemester (ab Februar bis Juni). Anfangs wird es wahrscheinlich noch etwas ungemütlich sein, aber ab Frühling wird es bestimmt total bezogen auf das Klima. Sollte euer Sprachniveau nicht einem guten B1-B2 entsprechen, würde ich versuchen, max. einen oder zwei Kurse in Spanisch zu belegen und einen bis drei Kurse in Englisch.
Die Sprachkurse (CIUC - freiwillig belegt) fand ich nicht gut - zum größten Teil nur Grammatik pauken - wenn nicht unbedingt nötig, lasst es. Sprecht sehr viel mit den Profs, sie sind sehr nett und hilfreich. Die spanischen Kommilitonen sind idR nicht sehr aufgeschlossen, ihr werdet jedoch mit diesen zusammenarbeiten müssen, darum geht aktiv auf sie zu und sprecht sie an, fordert Hilfe bei der Gruppenarbeit, bis ihr sie bekommt, sonst wird nicht viel zusammengearbeitet.
VWL-Spezifisch: Achtet darauf, dass ihr nicht allzu technische Fächer habt, sonst geht ihr schnell unter, es sei denn ihr seid sehr gut in Excel und könnt spanische Formeln ;)
Allgemein ist das VWL Angebot sehr gut. Jedoch müsst ihr berücksichtigen, dass es ein anderes Unterrichtssystem ist und daher sehr viel arbeitsintensiver. Wählt lieber weniger Kurse und schließt diese erfolgreich ab.
Sonstiges: Versucht nicht über Emancipia eine Wohnung zu bekommen, sucht lieber vor Ort - so wisst ihr, was ihr habt und könnt im Zweifel weitersuchen.
Freizeit: Geht unbedingt in die Picos wandern - es ist unbeschreiblich schön. Auch auf den Rutas del Cares. Fahrt mit dem Boot nach Somo - Surfen und Natur. Spaziert an der Küste vom Leuchtturm aus. Schaut vom Peña Cabarga auf Santander. Esst Pinchos im Casa Lita. Besucht andere Städte mit dem Bus. Bekommt ein Gefühl für die Kultur und Menschen. Versucht einen Sprachstammtisch zu finden. Dabei konnte ich sehr viel nützliches lernen und habe viele "echte" Spanier kennengelernt. Nutzt zumindest einmal Ryanair und fliegt günstig in eine andere Stadt. Genießt die Zeit ;)